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Havel, Václav

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Lebenslauf

geboren: 5. Oktober 1936 in Prag

Václav Havel entstammt einer einflussreichen großbürgerlichen Familie in Prag. Nach der Enteignung durch die kommunistische Regierung konnte er keine weiterführende Schule besuchen, sondern arbeitete stattdessen als Assistent in einem Chemielabor. Nach dem Besuch einer Abendschule begann er 1954 ein Wirtschaftsstudium, dass er 1956 jedoch abbrach. Nach Ableistung seines Militärdienstes war er an zwei kleinen Prager Theatern als Bühnentechniker tätig. Außerdem schrieb er Artikel für Literatur- und Theaterzeitschriften und auch eigene Theaterstücke. Von 1962 – 1966 absolvierte er ein Fernstudium an der Theaterfakultät. Seine erste öffentliche Kritik an der Zensur und der Absurdität des Machtapparates der kommunistischen Partei fiel in die Zeit des Prager Frühlings. Havel wurde dreimal verhaftet und verbrachte insgesamt etwa fünf Jahre im Gefängnis; seine Schriften und Theaterstücke durften nicht erscheinen und nicht aufgeführt werden. Havel war einer der Wortführer und zentralen Figuren in der zunächst hauptsächlich von Studenten und Künstlern getragenen „Samtenen Revolution“ , die Ende 1989 zum politischen Systemwechsel in der Tschechoslowakei führte. Am 29. Dezember 1989 wurde Havel zum Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt. Von 1993 – 2003 war er Staatspräsident der Tschechischen Republik. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Prag.


Bedeutung

Václav Havel ist ein bedeutender tschechischer Politiker, Schriftsteller und Philosoph. Während der kommunistischen Herrschaft in der Tschechoslowakei war er einer der führenden Regimekritiker.


Lehre und Gedanken:

Zentrales Thema in Havels Theaterstücken, aber auch in seinen Essays ist die Entfremdung des modernen Menschen von seiner Lebenswelt.

In seinem 1984 erschienenen Essay „Politik und Gewissen“ beschreibt Havel die heutige Gesellschaft als eine, die sich in der Entfremdung befindet, in der Entfremdung von der mit allen Sinnen und „dem Herzen“ erfahrbaren Welt. Bedingt ist diese Entfremdung Havel zufolge dadurch, dass in der aufgeklärten und säkularisierten Gesellschaft die Wissenschaft zu jener obersten Instanz geworden ist, die zuvor einem unbekannten Absoluten und Höheren (Gott z. B.) vorbehalten war. So triumphiere heute die Wissenschaft über die persönliche Erfahrung. Durch diesen Prozess habe der Mensch aber nicht allein die Beziehung zur sinnlich erfahrbaren Welt verloren, sondern auch die direkte Beziehung zu bestimmten Werten. Seien diese früher in der Lebenswelt noch sehr anschaulich und mit konkreten Ereignissen und Menschen verknüpft gewesen, so seien sie heute nur noch abstrakt erfahrbar. Entfremdet hat sich der Mensch für Havel vor allem vom Wert der Verantwortung gegenüber der Welt und den Mitmenschen. In dieser Entfremdung sieht Havel die Ursache für die gravierenden Probleme der heutigen Menschheit, so etwa der Umweltzerstörung, den verrohten Umgang der Menschen untereinander oder die Technisierung des Alltags und der Ökonomie. Auch die Entstehung der diktatorischen Systeme in Osteuropa sieht er durch die allgegenwärtige Entfremdung verursacht. Das Leben in den kommunistischen Diktaturen sah Havel als Extremform der Entfremdung an.

In seiner 1998 veröffentlichten Auswahl von Reden „Moral in Zeiten der Globalisierung“ versucht Havel den Wert der moralischen Verantwortung im Zeitalter der Globalisierung als unabdingbar zu begründen. Er verweist dabei auch auf Gefahren der Globalisierung und auf die Notwendigkeit globaler Verantwortlichkeit.


Hauptwerke von Václav Havel

„Politik und Gewissen“ (1984)
Václav Havel: Politik und Gewissen, in: ders.: Am Anfang war das Wort. Reinbek: Rowohlt 1990.

„Moral in Zeiten der Globalisierung“ (1998)
Václav Havel: Moral in Zeiten der Globalisierung. Reinbek: Rowohlt 1998.


Über Václav Havel

John Keane: Václav Havel. München: Droemer 2000.Richard Friedenthal: Luther. Sein Leben und seine Zeit. München / Zürich: Piper 81996.

Thomas Kaufmann: Martin Luther. München: C. H. Beck 2006.

Heinz Zahrnt: Martin Luther. Reformator wider Willen. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2000.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2010

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